Aragón – Im Hotspot des Serrano-Schinken
Auf den Spuren des Jamón Serrano, dem Schinken des spanischen Nordens
Alcañiz/Spanien | 1. September 2024 | Autor Oliver Schendzielorz | Bilder Oliver Schendzielorz + consorcioserrano.es
Im Norden Spaniens, in dem ehemaligen Königreich von Aragón, genauer gesagt in dem mittelalterlich geprägten Städtchen Alcañiz, war der Austragungsort der MotoGP Anfang September. Schon bei meinem letzten Besuch vor 2 Jahren fiel mir die Vielzahl der doch recht großen Schweineställe auf, die dort mitten in der kargen Landschaft im Nirgendwo stehen.
So habe ich mir für dieses Mal vorgenommen, mehr darüber in Erfahrung zu bringen.
Gesagt, getan. Hinein in die Materie und mit Verwunderung habe ich festgestellt, dass ich im absoluten Mittelpunkt des Serrano-Schinkens gelandet bin, in der Provinz Teruel, die den hochwertigsten Serrano-Schinken überhaupt herstellt. Aus der Ausbildung zum Diplom-Fleischsommelier weiß ich noch, dass sich Serrano-Schinken nur mit Gütesiegel der EU für die traditionelle Herstellung dann auch Serrano-Schinken nennen darf, die Herkunft jedoch aus ganz Spanien sein kann. Nicht so der Serrano aus Teruel, der hat noch das höhere Gütesiegel der EU, nämlich die Herkunft aus geographischer Angabe, ähnlich dem italienischen Parma-Schinken, der auch nur aus der Region Parma kommen darf.
Der Süden Spaniens hat den Iberico-Schinken und der Norden den Jamón Serrano, was ist denn jetzt da eigentlich der Unterschied?
Dafür müssen wir ganz weit in die Vergangenheit schauen, bis zu den Römern in die Antike. Spanien war damals schon eine römische Provinz und die Römer haben zur Versorgung ihrer Legionen und für den Vertrieb in Ihrem ganzen Imperium den Schinken hergestellt, da er durch das Salzen und die Lufttrocknung ein Dauerlebensmittel wurde, welches man ohne Kühlung über weite Strecken problemlos transportieren konnte. Durch die unterschiedlichen Schweinerassen Spaniens, im Süden war das Iberico mit schwarzem Fell und Hufen (Pata negra) verbreitet und im Norden eher das bereits domestizierte Haus-Schwein mit heller Haut und hellen Hufen (Pata Blanca) vertreten, bildeten sich 2 unterschiedliche Schinkenspezialitäten heraus.
Das Wort „Serrano“ stammt übrigens von „sierra“ spanisch für Gebirge und bezieht sich auf die Schinkenreife in den Hochebenen der Gebirge, in denen das kalte trockene Klima die Reifung begünstigt und ihm den ganz besonderen und typischen Geschmack verleiht.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt der geographischen Lage war, dass zur Reifung in den hohen Lagen weniger Salz benötigt wurde und der Schinken somit milder ist als sein südlicher Kollege, der Iberico.
Kommen wir jedoch zurück zum Serrano-Schinken aus Teruel, einer kalten und trockenen Region im südlichen Aragón. Durch die Kreuzung der beiden Schweinerassen Landrace und Duroc bekommt man die feinen Fettmaserung ins magere Fleisch. Ähnlich wie beim Iberico, was bei der längeren Reifephase zwischen 14 und 20 Monate je nach Qualitätsstufe dabei hilft, dass der Schinken nicht zu stark trocknet. Außerdem müssen die Bodegas in Teruel, in denen diese Schinken reifen, sich auf einer durchschnittlichen Höhe von über 800 m befinden. Dadurch bekommt der Schinken sein einzigartiges Aroma und verliert jedoch während des Reifeprozesses 33 % seines Ursprungsgewichts.